Die wundersame Arbeit des Lektorats, vielfältig und mysteriös. Eine kleine Erläuterung!
Die Arbeit einer Lektorin ist so vielfältig wie die Menschen, deren Texte sie bearbeitet. Vor allem junge Autoren wissen oft nicht, was genau ein Lektorat beinhalten kann, und haben deswegen keine genaue Vorstellung davon, was sie erwartet. Oft spielt auch Angst mit rein: Wird mein Text total verändert? Bleibt mein individueller Schreibstil erhalten? Um diese Ängste auszuräumen und ein gutes Arbeitsverhältnis zu etablieren, ist es wichtig, dass Autor und Lektorin offen und ehrlich miteinander sprechen und genau ausloten, welche Bereiche eines Textes bearbeitet werden sollen. Diese Bereiche teilen sich auf in: Inhalt, Sprache und Formalien.
Inhalt
Damit eine Lektorin den Inhalt Ihres Textes beurteilen kann, muss Sie wissen, was für eine Textsorte Sie geschrieben haben (Jugendroman, Fachartikel, Blogpost etc.) und wer die Zielgruppe sein soll. Anhand dieser Informationen kann sie Aufbau, Struktur, roten Faden und Verständlichkeit überprüfen. Im fiktionalen Schreiben geht es hier um den Aufbau der Geschichte, Figurenentwicklung, Spannungsbögen und Logikfehler. Auch auf die Einhaltung der Erzählperspektiven wird hier geachtet. Sie wird Hinweise geben, wo gekürzt werden sollte oder wo die Geschichte noch ausgearbeitet werden muss, ob alle Motivationen nachvollziehbar sind, wo eventuell Anschlüsse nicht passen und dergleichen. War es gerade noch Sommer und plötzlich schneit es? Die Lektorin wird Sie darauf hinweisen.
Üblicherweise wird die Lektorin hier nicht aktiv in den Text eingreifen, sondern viel mit der Kommentarfunktion arbeiten oder in einem gesonderten Dokument ihre Eindrücke zusammenfassen. Das Umarbeiten des Textes obliegt dann dem Autor. Sie müssen sich also keine Sorgen machen, dass Ihr Text vollständig verändert wird.
Sprache
Auch für die Arbeit an der Sprache sind die Informationen zu Textsorte und Zielgruppe wichtig. Ein Fachartikel für Anwälte liest sich anders als ein Abenteuerroman. Die Lektorin wird hier darauf achten, dass die Sprache zu Sorte und Leserschaft passt. Weitere Punkte sind Verständlichkeit, Satzlängen, die passende Verwendung von Stilmitteln, Wortdoppelungen, überflüssige Füllwörter, Zeitformen und Grammatik.
Hier ist es sinnvoll, dass Sie als Autor genau mit der Lektorin besprechen, wie weit sie in den Text eingreifen soll. Ganz klar, falsche Zeitformen und fehlerhafte Interpunktion korrigiert sie direkt, und sie wird sicherlich, wenn Sie im Text den Hund vom Eis holen, eine Kuh draus machen. Aber was ist mit den Stilmitteln? Wird eines zu oft verwendet, kann die Lektorin per Kommentar darauf hinweisen oder selbst Hand anlegen, je nachdem, wie es dem Autor recht ist. Sprechen Sie sich deswegen vorher genau ab. Niemandem ist geholfen, wenn Sie als Autor am Ende nicht glücklich mit dem Ergebnis sind. Allerdings gibt es auch hier Punkte, wo die Lektorin nicht eingreifen kann. Ist ein Bild so schief, dass sie nicht weiß, was der Autor damit zum Ausdruck bringen will, kann sie nur per Kommentar darauf hinweisen.
Formalien
In dieser Phase geht es um Rechtschreibung, Zeichensetzung und vor allem Einheitlichkeit. Die Lektorin wird prüfen, ob Zahlen und Daten immer gleich geschrieben sind, ob Abkürzungen verwendet werden oder nicht, ob Sonderzeichen eingesetzt werden und dergleichen. Im Einzelfall kann hier noch die Formatierung bearbeitet werden: Überschriften, Unterüberschriften usw. - dies gilt vor allem für Sachtexte.
Vorherige Absprachen erleichtern auch hier das Arbeiten. Wollen Sie das Euro-Zeichen verwenden oder lieber das Wort „Euro” ausschreiben? Sollen alle Abkürzungen ausgeschrieben werden? Wenn derlei Fragen geklärt sind, kann die Lektorin die Änderungen direkt vornehmen, ohne mit Kommentaren zu arbeiten.
Und was ist ein Korrektorat?
Ein Korrektorat beinhaltet in jedem Fall die Formalien, schließt aber sehr oft einzelne Aspekte aus dem Bereich Sprache mit ein. Auch in einem Korrektorat möchten Autoren oft, dass falsche Zeitformen oder ein schräger Satzbau korrigiert werden. Auf den Inhalt und die sprachlichen Mittel wird allerdings keine Rücksicht genommen.
Ein kleiner Hinweis: Eine absolute Fehlerfreiheit kann Ihnen kein Lektor garantieren. Früher wurde oft das Vier- oder Acht-Augen-Prinzip angewendet, in dem mehrere Lektoren einen Text korrigierten, bevor er veröffentlicht wurde. Leider wird heutzutage hier oft gespart, weswegen wir immer mehr Fehler in Büchern und Zeitungen sehen. Seien Sie nachsichtig mit den Korrektoren. Für den einen Fehler, den Sie in einem Buch gefunden haben, sind vielleicht Hunderte korrigiert worden.
Wie läuft ein Lektorat ab?
Im Optimalfall hat eine Lektorin für jeden der drei Bereiche eine eigene Phase. In einem ersten Schritt gibt sie Hinweise und Verbesserungsvorschläge zum Inhalt. Der Autor arbeitet daraufhin sein Manuskript um, und erst dann geht es ans sprachliche Lektorat. Darauf folgt wieder eine Überarbeitungsphase beim Autor. Am Ende kann dann das finale Korrektorat stattfinden.
Im Zweifelsfall können einzelne Aspekte auch zusammengefasst werden. So kann eine Lektorin zum Beispiel ein sprachliches Lektorat machen und dennoch auf einzelne Logikfehler oder ihren Eindruck zu Längen im Text Feedback geben. Ausführlicher wird es allerdings, wenn diese Bereiche voneinander getrennt werden. Außerdem vermeidet man überflüssige Arbeit, wenn die Lektorin zum Beispiel ein ganzes Kapitel sprachlich bearbeitet, das am Ende dann doch gestrichen wird.
Es bietet sich aber in jedem Fall an, das finale Korrektorat von einer anderen Lektorin machen zu lassen. Alle Menschen leiden unter Betriebsblindheit, und wenn eine Lektorin Ihr Manuskript bereits mehrere Male gelesen hat, wird sie Fehler überlesen. Das ist nur menschlich und ganz normal. Ein frisches Augenpaar ist unvoreingenommen und findet mit Sicherheit mehr Fehler.
Und technisch?
Am effizientesten läuft ein Lektorat in Word mit der Funktion „Änderungen nachverfolgen”. So bleibt das Original jederzeit erhalten, alle Änderungen können nachvollzogen werden und nichts passiert ohne explizite Zustimmung des Autors. Ein Nachteil ist natürlich, dass jedes geänderte Komma vom Autor aktiv angenommen werden muss. Da können je nach Textlänge schon mal einige Stunden draufgehen, in denen jede einzelne Änderung akzeptiert werden muss. Das Positive daran ist der Lerneffekt.
Manche Kunden arbeiten lieber in Schreibprogrammen oder möchten die Korrekturen in einem PDF-Dokument. Rechnen Sie damit, dass eine Lektorin vielleicht für das betreffende Programm keine Lizenz besitzt oder mehr berechnet, weil ein Lektorat in einem anderen Programm zeitaufwendiger ist.
Darüber hinaus
Viele Lektorinnen bieten zudem noch andere Dienstleistungen an. Dazu gehören Texterstellung, zum Beispiel Hilfe beim viel gehassten Exposé, oder Schreibcoaching. Lektoren verstehen sich als Begleiter für Autoren und helfen gerne, wo immer sie können.
Sie haben noch Fragen? Schicken Sie mir eine E-Mail, ich helfe Ihnen gerne.
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