Erst kürzlich ging ein kleiner Aufschrei durch die Buch-Bubble, als der Skoutz-Award bekannt gab, dass in diesem Jahr auch mit KI erstellte Bücher auf der Auswahlliste gelandet waren. Das ist teilweise dem Prozess des Awards geschuldet und bedeutet nicht, dass diese Bücher direkt ausgewählt wurden. Dennoch wurden KI-gestützte Bücher nicht ausgeschlossen, was zu einem deutlichen Protest führte. Letztendlich entschied sich der Skoutz-Award, in diesem Jahr auszusetzen, weil nicht klar ist, wie man KI-gestützte Bücher sicher identifizieren und von der Liste streichen kann.
Damit wurde eine ziemlich aktuelle Diskussion noch aktueller: Was bedeutet KI für den Kunst- und Literaturbetrieb? Ist man dafür oder dagegen und bis zu welchem Grad? Ein komplexes Thema, dem ich mich in diesem Artikel widmen will. Wohlgemerkt: Ich habe selbst keine finale Antwort und gestehe uns allen zu, dass wir hier noch viele Erfahrungen sammeln müssen. Aber ein paar Dinge sollten bedacht werden.
Daten und Urheberrechte: Die Schattenseite der KI
Eines der größten moralischen Probleme beim Einsatz von KI-Tools wie ChatGPT, Midjourney oder DeepL in der Kunst- und Literaturwelt ist die Frage der Daten, die für das Training der Algorithmen verwendet werden. Viele KI-Systeme, einschließlich der Sprachmodelle, werden mit riesigen Mengen an Texten, Bildern und anderen kreativen Inhalten trainiert, die aus dem Internet gesammelt wurden. Meist geschieht dies ohne das Wissen oder die Zustimmung der ursprünglichen Urheber*innen.
Für viele Kreative ist dies ein schwerwiegendes ethisches Problem. Ihre mühsam erstellten Texte und Kunstwerke werden ohne ihr Einverständnis genutzt, um eine KI zu trainieren, die dann möglicherweise in Konkurrenz zu ihnen tritt. Das ist nicht nur eine Verletzung des Urheberrechts, sondern auch eine Form der Ausbeutung, die Kreative benachteiligt und ihre Arbeit entwertet.
Tatsächlich läuft gerade in den USA ein prestigereicher Prozess, in dem Schriftsteller*innen den Betreibern der KI-Tools verbieten wollen, ihre Werke für deren Training zu verwenden. Wie das ausgeht, ist noch nicht abzusehen.
In der EU müssen KI-Systeme seit diesem Jahr bestimmte Transparenzanforderungen erfüllen. Dazu gehört, dass sie sich an das Urheberrecht halten und die für das Training genutzten Inhalte offenlegen müssen. Außerdem müssen mit KI generierte Inhalte als solche gekennzeichnet werden. Wie das in der Umsetzung genau funktionieren soll und wie man das überprüfen kann, ist noch ungewiss.
Die Gefahr für bestimmte Berufszweige
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die möglichen negativen Auswirkungen von KI auf bestimmte Berufszweige. Übersetzer*innen, Designer*innen und andere kreative Berufe sind besonders gefährdet.
Denn Menschen sind teurer als Software. Und wenn das Budget knapp ist und die Ansprüche nicht ganz so hoch, dann kommt KI gelegen. Zusätzlich ist zu bedenken, dass die Ergebnisse, die KI erzielt, rasant besser werden. Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Ergebnisse von KI und Menschen kaum noch zu unterscheiden sind.
Natürlich fällt mir hier der große Protest der Kutschfahrer im frühen 20. Jahrhundert ein, die um ihre Jobs fürchteten, als das Auto aufkam. Und tatsächlich: Heute sind Kutschfahrer weitestgehend obsolet. Das ist Fortschritt.
Und dennoch schätze ich die kreative Leistung von Übersetzer*innen, Designer*innen und anderen Kunstschaffenden zu sehr, um zu sagen: Wenn KI es kann, dann lass es doch KI machen. Welche Auswirkungen KI auf die Qualität und Originalität dieser Arbeitsbereiche haben wird, ist nur schwer zu sagen.
Die Zukunft des Buchmarktes im Hinblick auf KI
Wenn wir speziell auf den Buchmarkt blicken, stehen wir vor einer ungewissen Zukunft. Die Möglichkeiten, die KI bietet, sind sowohl aufregend als auch beunruhigend.
Während die meisten Schreibenden KI noch gar nicht oder nur für administrative Aufgaben einsetzen, gibt es bereits erste Ansätze, bei denen KI verwendet wird, um komplette Bücher zu schreiben. Diese Werke könnten in Zukunft den Markt überschwemmen - auf Amazon gibt es dafür schon erste Anzeichen. Das könnte dazu führen, dass es schwieriger wird, als menschliche*r Autor*in Fuß zu fassen und Anerkennung zu finden.
KI ist zwar in der Lage, Texte zu generieren, aber es bleibt die Frage, ob diese Texte die gleiche Tiefe und Originalität haben wie von Menschen geschriebene Werke. Die Gefahr besteht, dass der Buchmarkt von generischen, KI-generierten Inhalten überflutet wird, die die einzigartige menschliche Perspektive und Kreativität vermissen lassen.
Auch Verlage könnten vermehrt auf KI setzen, um Manuskripte zu bewerten und zu bearbeiten. Dies könnte den Auswahlprozess effizienter gestalten, aber auch dazu führen, dass weniger menschliche Lektor*innen benötigt werden. Außerdem könnte dies dazu führen, dass originelle Texte, die nicht einem bestimmten Schema entsprechen und nur von einem menschlichen Auge als wertvoll eingeschätzt werden würden, von der KI sofort aussortiert werden. So könnten wichtige, neue, innovative Geschichten ungesehen bleiben.
KI und das Klima
Ja, sogar das Klima ist von KI betroffen. Es braucht riesige Rechenzentren, um die Anfragen und Projekte der KI-Tools zu bearbeiten – und es werden mehr, je besser die KIs werden. Die verbrauchen nicht nur Platz und Unmengen an Energie, sondern müssen gekühlt werden, was meist mit Wasser geschieht. Der Ressourcenverbrauch ist enorm und wächst stetig.
Es gibt manche in der Tech-Branche, die den derzeitigen Hype um KI deswegen für eine Blase halten. Mit steigendem Energieverbrauch steigen auch die Kosten für den Betrieb der Rechenzentren so sehr, dass es sich für die Firmen bald nicht mehr lohnen könnte. Die Kosten könnten dann auch die Nutzer*innen umgelegt werden, was zu teuren Abo-Modellen führen könnte.
Ob das tatsächlich passiert, werden wir sehen. Bis dahin sollten wir im Hinterkopf behalten, dass diese Zusammenhänge bestehen.
Ethische Verantwortung und der Weg nach vorne
Angesichts dieser Herausforderungen ist es wichtig, dass wir uns unserer ethischen Verantwortung bewusst sind. Wir sollten uns im Klaren sein, dass jedes Mal, wenn wir KI benutzen, dies unter der Voraussetzung geschieht, dass Texte, Bilder und Designs von Menschen ohne deren Zustimmung für das Training der KIs benutzt wurde. Außerdem füttert jede unserer Anfragen die KI mit weiteren Informationen. Wenn wir kein Teil dessen sein wollen, sollten wir auf die Benutzung von KI-Tools verzichten.
Und auch unser Konsum spielt – wie immer – eine Rolle. Benutzen wir für diesen Post schnell KI-Bild oder nicht? Lassen wir Midjourney ein Design erstellen oder buchen wir eine*n Designer*in? Jagen wir unsere Bücher durch DeepL für eine schnelle Übersetzung ins Englische, oder beauftragen wir einen Profi? Ich will euch gar nicht vorschreiben, was ihr tun sollt. Es spielen viele Faktoren bei diesen Entscheidungen mit, und ihr könnte eure eigene Meinung haben und eure eigenen Grenzen ziehen. Aber bei jeder dieser Entscheidungen sollten wir uns deutlich vor Augen führen, wie unser Handeln zur Entwicklung der Umstände beiträgt.
Fazit
KI ist gekommen, um zu bleiben, so viel steht fest. Und ihr Einsatz im Kunst- und Literaturbereich bringt sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich. Es liegt an uns, diese Technologien verantwortungsvoll zu nutzen und sicherzustellen, dass die Rechte und Interessen von Kreativen geschützt werden.
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