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Show, don't tell – Was heißt das eigentlich?

Aktualisiert: 27. Jan.

Was bedeutet „Show, don’t tell“?


Es ist ein häufig gegebener und ebenso oft missverstandener Tipp: „Show, don’t tell.“ Auch mir war anfangs nicht klar, was das genau bedeutet. Nie wieder beschreiben? Das ist doch Unfug.


Inzwischen steht in beinahe jedem Manuskript, das ich im Lektorat bearbeite, mindestens einmal der Hinweis, etwas doch besser zu zeigen, anstatt es zu erzählen – obwohl ich lieber das Verb „berichten“ verwende, weil es besser trifft, was gemeint ist. Was ist also gemeint?




Nähe und Emotionen


Eines der höchsten Ziele beim Schreiben ist es, Emotionen bei den Lesenden zu wecken. Und das geht am einfachsten, wenn man Bilder in ihren Köpfen entstehen lässt, wenn die Szene sich vor ihren inneren Augen abspielt wie ein Film. Das erreicht man am besten, indem man zeigt, was passiert, anstatt darüber zu berichten. Ein einfaches Beispiel:


„Udo war wütend.“


Und? Was seht ihr vor eurem inneren Auge? Seht ihr überhaupt etwas? Wie ist es hiermit:


„Udo ballte die Hände zu Fäusten.“


Seht ihr die Hände? Spürt ihr vielleicht sogar etwas in euren eigenen Händen? Gibt es einen Impuls in euch?


Zugegeben, das Beispiel ist sehr knapp, und ja, Udo könnte auch einen anderen Grund haben, die Hände zu Fäusten zu ballen, aber das Prinzip wird hoffentlich deutlich. Anstatt darüber zu berichten, wie jemand sich fühlt, zeigen wir die körperlichen Reaktionen, die Handlungen, hören die Worte. Im besten Fall muss das Wort „wütend“ niemals vorkommen, und dennoch werden die Emotionen klar und vor allem fühlbar für die Lesenden.




Szenisches Erzählen


Ein wichtiger Aspekt von „Show, don’t tell“ ist das szenische Erzählen. Wenn wir szenisch erzählen, tauchen wir tief in die Geschichte ein, gehen ganz nah an die Figuren heran, hören, was sie sagen, sehen, was geschieht, und spüren dadurch die Emotionen, die in der Szene vermittelt werden sollen.


Im Gegensatz dazu stehen Passagen, in denen einfach knapp berichtet wird, was geschieht oder geschehen ist. Sie sind faktisch und wenig emotional, bestechen aber durch ihre Knappheit. Ein Beispiel:


„Meine Eltern waren schreckliche Menschen, die mich oft schlugen. Liebe erfuhr ich als Kind wenig.“


Das ist eine sehr traurige Aussage, aber fühlt sie sich auch traurig an? Wenn ich solche Sätze im Lektorat lese, schreibe ich sehr häufig an die Seite, dass dies doch besser szenisch erzählt werden könnte, vor allem, wenn es für die Entwicklung der Figur wichtig ist. Wenn die Lesenden mit der Figur mitfühlen sollen, müssen sie das Leid miterleben. Deswegen wäre es besser, diese Information über die Eltern nicht wie oben zu berichten, sondern eine Szene zu bauen, in der gezeigt wird, wie schlecht die Eltern das Kind behandeln.


Denkt daran: Schlüsselstellen, die für die Handlung oder die Figuren wichtig sind, sollten immer szenisch erzählt werden, damit die Emotionen rüberkommen.



Die Grenzen von „Show, don’t tell“


Das heißt natürlich nicht, dass ihr immer und überall showen und niemals tellen sollt. Nehmt zum Beispiel folgende Sätze aus einem postapokalyptischen Setting:


„In den folgenden Tagen kamen wir an vielen verlassenen Gebäuden vorbei. Wir durchsuchten jedes einzelne, fanden jedoch nur einige Dosen mit Obst und Gemüse. Menschen trafen wir nicht.“


Dieser knappe Bericht fasst die Ereignisse einiger Tage zusammen. Hier wird auf Effizienz gesetzt. Würde man diese Passage szenisch erzählen wollen, müsste man mehrere Stationen mit sich immer wiederholenden Handlungen hinschreiben: Ein Haus wird entdeckt, man macht sich auf die Suche, findet die Nahrungsmittel, geht weiter. Wie öde wäre das?!


Denkt daran: Passagen, in denen viel Zeit in wenigen Sätzen überbrückt werden soll, können gerne berichtend erzählt werden. Dasselbe gilt für Informationen und Geschehnisse, die nicht so wichtig für die Entwicklung der Figuren oder den Fortgang der Handlung sind.



Fazit


Wenn ihr die Lesenden mitreißen wollt, solltet ihr das Prinzip „Show, don’t tell“ verinnerlichen. Verlasst euch auf Sinneseindrücke, detailreiche Darstellungen und szenisches Erzählen, um Emotionen bei den Lesenden zu wecken. Berichten dürft ihr immer dann, wenn szenisches Erzählen zu langweiligen Wiederholungen oder einer falschen Gewichtung in der Geschichte führen würde.



Im nächsten Artikel geht es um „Show, don’t tell“ und Beschreibungen.


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